KKB-Kliniken fordern Schadensersatz von Bundesgesundheitsminister Lauterbach

 

26.02.2024

Die Mitglieder der Klinik-Kompetenz-Bayern eG (KKB) haben in Ihrer Generalversammlung im Januar die desaströsen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der stationären Gesundheitsversorgung diskutiert. Die Mitglieder haben sich dazu entschlossen, Schadensersatz vom Bundesministerium für Gesundheit für die unzureichende Finanzierung der Kliniken einzufordern. Die KKB greift damit die Argumentation der Kreisklinik Groß-Gerau aus Hessen auf, die im Januar ihr geplantes Klageverfahren gegen die Bundesregierung öffentlich gemacht hat. Die KKB ist ebenso wie die hessischen Kollegen der Überzeugung, dass der Bund seiner gesetzlichen Pflicht zur wirtschaftlichen Sicherung der deutschen Kliniken gerade im Jahr 2023 nicht nachgekommen ist. Die Kliniken Nordoberpfalz werden gemeinsam mit den KKB-Häusern diesen Weg ebenfalls gehen und stellen einen Anspruch auf einen Ausgleich und fordern Schadensersatz.

Gemäß § 1 des Krankenhausgesetzes (KHG) ist die Bundesregierung verpflichtet, die auskömmliche Finanzierung der Krankenhäuser zu gewährleisten. „Ihrer damit verbundenen gesetzlichen Aufgabe kommt die Bundesregierung aber schon seit einigen Jahren nicht nach“, betont KKB-Geschäftsführer Benjamin Stollreiter. „Im vergangenen Jahr sind die Defizite der 34 KKB-Kliniken unter anderem durch das Wegfallen von wichtigen Erlösen für voll- und teilstationäre Leistungen (bspw. durch die Streichung von § 10 Abs. 4 S.3 des Krankenhausentgeltgesetzes) so massiv angestiegen, dass die Schadensersatzforderung gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit nun alternativlos ist.“

In der KKB sind zahlreiche große, mittelgroße und kleine Krankenhäuser und Klinikverbünde in ganz Bayern mit insgesamt 66 Standorten vertreten. 2023 war es keiner KKB-Klinik möglich, ein ausgeglichenes Jahresergebnis zu erzielen. „Insgesamt rechnen wir für alle KKB-Kliniken aktuell mit einem Jahresfehlbetrag von über 350 Mio. €“, erklärt KKB-Vorstandsmitglied Manfred Wendl. „Da sich die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen auch mit Blick auf 2024 nicht verbessert haben und somit die Erlös-Kosten-Schere noch weiter auseinander geht, ist die wirtschaftliche Prognose für unsere Mitglieder düster – wir erwarten heuer sogar ein Defizit von etwa 400 Mio. €.“

„Die Kosten für Krankenhäuser steigen deutlich stärker als die Erlöse, die für die Behandlung von Patienten von den Krankenkassen bezahlt werden. Zeitgleich ist es aber nicht möglich, die Preise an die Inflationsentwicklung anzupassen, weil die Politik die jährlichen Preisanpassungen gesetzlich über den Landesbasisfallwert und weitere Kriterien festlegt und damit stark begrenzt. Dieser Wert bildet die Grundlage für Erlöse von Kliniken, ist aber viel zu gering, um auch nur annähernd eine Kostendeckung zu erreichen“, erklärt Michael Hoffmann, Vorstand der KNO.

„Diese Entwicklung ist vor allen Dingen für unsere freigemeinnützigen Träger existenzbedrohend“, gibt KKB-Vorstandsmitglied Martin Stapper zu bedenken. „Aber auch für die kommunalen Träger ist die Situation mehr als belastend, da durch die hohen Defizitausgleiche für die Kliniken das Geld fehlt, um wichtige Projekte im Infrastruktur- oder Bildungsbereich anzustoßen“, ergänzt KKB-Vorstandsmitglied Martin Rederer.

Der Bund ist laut Gesetz dazu verpflichtet, die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser zu gewährleisten. „Aber genau das passiert nicht. Es wird keine vollumfängliche Finanzierung sichergestellt und die entstandenen Defizite nicht ausgeglichen. Der Bund kommt seinen Verpflichtungen nicht nach. Um das Überleben von Krankenhäusern zu sichern, müssen die Träger einspringen. Wir wollen damit auch plakativ aufzeigen, wo die Verantwortung für die noch nie dagewesene Unterfinanzierung liegt. Die Kommunen können das nicht mehr ausgleichen. Wir übernehmen eine Aufgabe, die eigentlich nicht unsere ist“, betont Tirschenreuths Landrat Roland Grillmeier mit Blick auf die finanzielle Unterstützung der drei Träger der KNO, nämlich der Stadt Weiden und der Landkreise Neustadt/WN und Tirschenreuth.

In einem Schreiben an Prof. Dr. Karl Lauterbach haben die KKB-Kliniken Ihren jeweils errechneten Schaden beziffert und unter Angabe der Bankverbindung ein entsprechendes Zahlungsziel gesetzt. „Im Falle einer negativen Antwort aus Berlin werden wir unseren Mitgliedern nahelegen, ein juristisches Klageverfahren gegen die Bundesregierung zu prüfen, um den Schadensersatz zur Not auch gerichtlich einzufordern, so Dr. Uwe Gretscher, Aufsichtsratsvorsitzender der KKB. Auch die Kliniken Nordoberpfalz gehen diesen Weg. Die Schadenshöhe errechnet sich aus der Unterfinanzierung der Betriebskosten, die nicht über den vom Bund vorgegebenen Landesbasisfallwert gedeckt sind. Dabei werden von den krankenhausindividuellen Betriebskosten die Erlöse über die refinanzierten Mittel des Landesbasisfallwerts sowie sämtliche Hilfszahlungen aus dem Jahr 2023 abgezogen. Für die KNO ergibt sich dabei ein Wert von 15,8 Mio. Euro.

„Die Erfolgsaussichten sind ungewiss, weil es sich um juristisches Neuland handelt. Aber wenn sich viele Kliniken diesem Weg anschließen, so wie es auch wir tun, besteht die Möglichkeit, dass wir etwas erreichen können und möglicherweise sogar ein Umdenken stattfindet. Und das wäre zum Wohl aller Patienten“, so KNO-Vorstand Michael Hoffmann.

Aktuell haben etliche KKB-Kliniken und ihre Träger ihre außergerichtliche Forderung per Einschreiben an das Bundesministerium für Gesundheit geschickt.

„Weitere bayerische Kliniken, auch Häuser außerhalb der KKB, werden mit Sicherheit folgen“, ist sich KKB-Geschäftsführer Benjamin Stollreiter sicher.